So baut man eine Zeitmaschine
"Das Universum ist nicht nur verrückter, als wir denken, sondern verrückter, als wir überhaupt denken können." J.B.S.Haldane.
Man könnte meinen das Thema Physik sei trocken und langweilig. So habe ich es leider in der Schule erfahren müssen. Das es auch völlig anders geht, nämlich informativ und unterhaltsam, der ist bei Paul Davies Buch, So baut man eine Zeitmaschine, genau richtig. Mit viel Sprachwitz und einfachen Worten erklärt er physikalische Begriffe und führt den Leser behutsam an das Thema heran. Langsam tastet er sich dabei vor, von Kapitel zu Kapitel.
• Wie wir der Zukunft einen Besuch abstatten können
• Wie wir der Vergangenheit einen Besuch abstatten können
• So baut man eine Zeitmaschine
• So ergibt alles einen Sinn
Und das immer mit bildhaften Beispielen, so daß auch der Normalmensch, der keine große Ahnung von Physik hat, sich vorstellen kann, worum es eigentlich geht. Beispiel: "Das läßt sich unter anderem mit dem Bild vom Ausborgen veranschaulichen. So kann etwa ein Elektron sich von der Natur Energie ausleihen, solange es diese kurzfristig wieder zurückzahlt. Der entscheidende Aspekt der Unbestimmtheitsrelation läuft darauf hinaus, daß die Frist für die Rückzahlung desto kürzer wird, je größer die Anleihe ist."
Dabei stellt er mehrere Thesen auf um sich dem Endergebnis, einer Zeitmaschine die in beide Richtungen funktionieren könnte, zu nähern.
1. These: Reisen in die Zukunft sind eine Einbahnstraße!
Hier stellt er die bisher bekannten theoretischen Möglichkeiten vor, wie z.B. die Schwerkraft oder den Raumflug. Würde man sich nämlich in ein Raumschiff setzen, das eine enorme Geschwindigkeit erreichen könnte, so würde die Zeit tatsächlich für den Insassen langsamer ablaufen. Das hat etwas mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie zu tun.
Aber warum sollte diese Zukunftsreise nun eine Einbahnstraße sein? "Reisen mit hoher Geschwindigkeit und die Zeitdilatation auf Schwerkraftbasis sind nur für eine Fahrt in die Zukunft geeignet."
2. These: Zeitreisen in die Zukunft und Vergangenheit sind nur mittels eines Wurmloches möglich! Wie aber erzeugt man eines, welches man auch benutzen könnte?
Für Reisen in die Zukunft, so stellte Davies bis hierhin fest, könnte man ein schwarzes Loch benutzen, da sie die nötige Energie und Schwerkraft aufwiesen, wäre da nicht die Singularität (das absolute Nichts) am anderen Ende.
"Jeder Astronaut, der blöd genug wäre, in das schwarze Loch zu springen, würde schließlich in der Singularität im Zentrum landen und völlig vernichtet werden."
Es stellte sich also die Frage, wo herrschten ähnliche Schwerkraftverhältnisse im Universum? Die Lösung fand sich nach einiger Überlegung: In einem Wurmloch!
"Als die Forscher sich mit der Möglichkeit eines Wurmloches im Raum angefreundet hatten, dämmerte es ihnen, daß ein solches, wenn es denn irgendwie herzustellen war, auch als Zeitmaschine dienen könnte. Wie schon bei einem schwarzen Loch kann das Schwerefeld eines Wurmloches als ein Mittel dienen, in die Zukunft zu gelangen. Das Wurmloch kann jedoch noch mehr: Es ist auch dazu geeignet, rückwärts in die Vergangenheit zu reisen. Durchquert man das Wurmloch von A nach B, kann man in der Zeit rückwärts. Und mit einer schnellen Rückkehr zu Punkt A durch den normalen Raum käme man dort an, ehe man ihn verlassen hat. Am Ende hatten Physiker eine plausible Möglichkeit entdeckt, sich in der Zeit vorwärst wie auch rückwärts zu bewegen. Doch wie wäre eine Wurmloch-Zeitmaschine zu konstruieren?"
Dann entwickelt er die einzelnen Komponenten, mit denen sich dieses Projekt verwirklichen ließe. Die Zeitmaschine bestünde folglich aus den vier folgenden Komponenten:
1. Collider:
(Teilchenbeschleuniger). Er erzeugt die notwendige Energiemenge.
2. Imploder:
Er komprimiert und konzentriert die Energie auf einen mikroskopischen Punkt, an dem das Wurmloch erschaffen wird.
3. Inflator:
Er vergrößert das erzeugt Wurmloch auf die benötigte Größe, damit ein Mensch die Maschine überhaupt benutzen kann.
4. Differentiator:
Richtet eine dauerhafte Zeitdifferenz im Wurmloch ein (den sogenannten Zwillingseffekt), damit man in die Zeit reisen kann.
Die Rückreise würde dann, wie schon erwähnt, über eine normale Raumreise geschehen, die ja dann wieder nach der Allgemeinen Relativitätstheorie für den Reisenden anders abläuft, als auf dem Startplaneten.
Allerdings gibt es da ein weiteres schwieriges Problem: Zeit-Paradoxa!
"Das berühmteste aller paradoxen Ergebnisse der Zeitreise ist vielleicht, wenn der Zeitreisende sich in der Zeit rückwärst bewegt und einen seiner Vorfahren ermordet, beispielsweise seine Mutter. Hier liegt das Problem offen zutage. Wenn seine Mutter stirbt, ehe sie ihn zur Welt bringt, dann hätte es den Zeitreisenden nie gegeben. In diesem Fall wäre er aber auch nicht in der Lage, den Mord zu begehen. Wenn also die Frau am Leben bleibt, stirbt sie, wenn sie dagegen stirbt, bleibt sie am Leben! Wie man es auch dreht, es kommt widersprüchlicher Unsinn heraus."
Davies weist daraufhin, daß kausale Schleifen nicht zwangsläufig paradox seien, sofern sie konsistent sind. "Die Vergangenheit zu ändern ist offensichtlich paradox - Vergangenheit ist schließlich Vergangenheit. Doch logisch gesehen gibt es keinen Einwand dagegen, auf die Vergangenheit einzuwirken, womit ich meine, es ist logisch nicht ausgeschlossen, daß gewisse Ereignisse durch spätere oder eine Kombination späterer und früherer Ereignisse beeinflußt werden." Die Ansicht vieler Wissenschaftler ist die, daß die Zeit eine Art Sicherheitsmechanismus besitzt, die inkonsistente Zeitparadoxe ausschließt, der Mensch also an sich die Vergangenheit vielleicht ändern könnte, aber eben nur wenn sie konsistent bleibt. Davies spielt noch einige andere Möglichkeiten durch, die ein gewisses Unbehagen im Leser, aber vor allem bei den Physikern hinterläßt.
Betrachtet man all seine Ausführungen, so ist eine Zeitreise, zumindest in der Theorie, durchaus möglich.
"In diesem Buch sind bei weitem nicht alle Möglichkeiten für den Bau einer Zeitmaschine geschildert. Die meisten Ansätze schließen irgendeine Art von 'Zerschneiden und Zusammenkleben' der Raumzeit ein, so als würde ein Überwesen gewaltige Scheren schwingen und Löcher aus dem Raum hacken, die freiliegenden Ränder verzerren und verdrehen und sie anschließend nach einem anderen Schnittmuster wieder zusammenkleben. Auch wenn diese Pläne sehr abgehoben sind, so beschreiben sie doch mögliche Raumzeiten und dienen als Versuchsgelände für die Erkundung der erstaunlichen physikalischen Auswirkungen von Zeitreisen."+
Alles in allem ein spannend zu lesendes Buch, das nicht nur Physik anschaulich vermittelt, sondern auch noch unterhaltsam ist. So wünscht man sich jedes Sachbuch.